OPHTHALMO-CHIRURGIE 20: XXX - XXX (2008)
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M. J. Pfeiffer: Oberlidentropium – Chirurgische Therapie
p
osterior nach anterior inzidiert werden,
um zur Tarsusvorderfläche zu gelangen.
Falls eine typische tarsale Narbenrinne
(meist zirka 2 mm oberhalb der Lidkante
vorliegt, sollte der Tarsus in dieser Rinne
von posterior nach anterior gespalten
werden, um die Tarsusvorderfläche zu
erreichen. Bei übermäßig verdicktem
Tarsus kann dieser anschließend von
vorne mit der Hochfrequenzelektrode
schichtweise verdünnt werden. Mit der
nadelförmigen Elektrode wird die Vor-
derseite schrittweise flach abgeschabt
bis die erwünschte Restdicke erreicht ist.
Bei allen Inzisionsvarianten sollte man
darauf achten, dass sie seitlich zirka 2 mm
über den medialen und lateralen Kan-
thus hinaus geführt werden, um auch die
kanthusnahe Lidkante zu korrigieren.
Lamellentrennung
Über die gewählte Lidrandinzision las-
sen sich die Lidlamellen trennen (Abbil-
dung 7). Dabei wird der prätarsale Orbi-
kularismuskel in der Fläche zwischen
Lidrand und dem oberen Tarsusrand
vom Tarsus abgelöst. Dies wird mit der
oben beschriebenen Technik für das ein-
fache Oberlidentropium kombiniert.
Nach der Inzision in der Lidfurche ent-
steht so ein henkelförmiger Lappen der
prätarsalen vorderen Lamelle, dessen
Blutversorgung durch die Gefäßversor-
gung am lateralen und medialen Kan
-
thus erhalten bleibt. Nach Septumeröff-
nung lässt sich die Aponeurose freile-
gen.
Fixation der Aponeurose
Die K
opplung der Aponeurose mit der
v
orderen Lamelle (Abbildungen 8, 9)
sollte so angelegt werden, dass sie der
physiologischen Insertion von Ausläu-
fern der Aponeurose nach v
or
ne in den
Orbikularismuskel entspricht. Der unte-
r
e Rand der Aponeurose wird mit dop-
peltarmiertem 6-0 Nylon im medialen,
zentralen und lateralen Drittel gefasst.
Die Nähte werden danach von hinten
nach vorne in den prätarsalen Orbikula-
rismuskel des Henkellappens (Abbil-
dungen 10 und 11) geführt und so jus-
tiert, dass die Wimpernreihe 2 - 3 mm
über dem Unterrand der hinteren Lid-
lamelle zu liegen kommt. Es entsteht so
zunächst eine deutliche Stufe, die sich im
postoperativen Verlauf in eine fast normal
aussehende Lidkante verwandelt.
Alternativ wird empfohlen, den freilie-
genden Abschnitt des Tarsus mit einem
freien Hauttransplantat aus dem Oberlid
zu decken, um eine Schrumpfung des
Tarsus zu vermeiden [6].
Komplikationen
Unterkorrektur und rezidivierende Trichiasis
Besonders bei Fällen mit persistierender
Entzündung und Fibrose kommt es häu-
figer zu erneuter Trichiasis. Oft besteht
die Unterkorrektur nur im umschriebe-
nen kanthusnahen Bereich, da es
schwieriger ist, in der Peripherie die La-
mellen ausreichend zu trennen oder die
Aponeurose zu fixieren. In diesen Fäl-
len kann versucht werden, die Unterkor-
rektur durch eine wiederholte Operation
zu beseitigten. Bei wiederholten Rezidi-
v
en hat sich als ultima ratio die kom-
plette Exzision der Wimpernreihe inklu-
sive aller Wimpernfollikel bewährt. Um
die entstehende V
erkürzung des Lides zu
k
ompensieren, muss gleichzeitig der Le
-
vatorkomplex verlängert werden (siehe
Operationstechnik zur K
orrektur der
Lidretraktion).
Überkorrektur mit Lidretraktion
Bei übermäßig straf
fer F
ixation der
Aponeurose kann eine Lidretraktion
a
uftreten. Im Frühstadium – innerhalb
der ersten 10 Tage – kann die Über-
lappung stumpf gelöst werden, um die
Lamellen in neuer Position übereinander
zu legen. Falls die Retraktion erst nach
10 Tagen auftreten sollte, muss ein
Revisionseingriff zur Lockerung der
Aponeurose durchgeführt werden.
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gische Aspekte. Klin Monatsb
l Augenheilkd
192: 20 - 22
K
orrespondenzadresse:
Dr
. med. M. J
. Pfeif
fer
Augenklinik Herzog Carl Theodor
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